Zerstörungswut in der Feldmühlgasse geht weiter |
Als Gustav Klimt (1862-1918), einer der berühmtesten Maler des frühen 20.Jahrhunderts, um 1912 sein neues Atelier in der Feldmühlgasse 11 bezog, lag dieses am Rande des Dorfes Unter St. Veit, abgeschieden und in einem großen Garten, der sich nahezu von der Hietzinger Hauptstraße bis zur Auhofstraße erstreckte. Ein Freund, der Maler Felix Albrecht Harta (1884-1967) dürfte ihm den Ort vermittelt haben und zog selbst im Jahr 1916 in das ebenerdige Haus in der Feldmühlgasse 12. Auch Egon Schiele, der Klimt sehr nahe stand, war in den letzten Jahren nicht weit entfernt tätig, in der Hietzinger Hauptstraße. In der Feldmühlgasse, wo einige der berühmtesten Gemälde Klimts entstanden, könnte man also wohl von einem "genius loci" sprechen.
Die für die österreichische Kunstgeschichte so bedeutenden Ereignisse gerieten in Vergessenheit, bis in der 2.Hälfte der 1990er-Jahre durch Zufall der Beweis erbracht werden konnte, dass sich in der Feldmühlgasse tatsächlich Klimts letztes Atelier befunden hatte (das ebenerdige Gartenhaus war in den Jahren 1922 und 1923 aufgestockt und verändert worden). Interessierte AnrainerInnen waren sich der kulturellen Bedeutung ihres "Grätzls" sehr schnell bewusst und versuchten dieses zu erhalten und zu beleben. Ungefähr zur gleichen Zeit begann nämlich eine Bautätigkeit, die das einstige Ensemble immer mehr einschnürte - ein Prozess, der leider bis heute in vollem Gange ist und zu Besorgnis Anlass gibt.
Im Jahr 1998 ging es um die Widmung einer "Seniorenresidenz" am Nordende des
Grundstückes, an der Auhofstraße 51-55 (Plandokument Nr. 7154). Es bildete sich
eine Bürgerinitiative gegen die Verbauung, aus der 1999 der parteiunabhängige
und äußerst aktive "Verein Gedenkstätte Gustav Klimt" (http://www.klimt.at)
entstand. Da sich Anzeichen mehrten, dass nördlich der "Klimt-Villa" wahrscheinlich
keine Anlage für SeniorInnen entstehen würde, stimmten im Gemeinderat am 30.
November 1998 nur SPÖ und ÖVP dem Plandokument zu. Und siehe da - seither errichteten
drei Bauträger, davon zwei ÖVP-nahe, ganz normale Wohnungen. Die Lage am "Klimt-Park",
der allerdings wegen der Bauwut rundherum immer kleiner wird, mag deren Wert
noch steigern.
An der Westseite der Feldmühlgasse waren in den 1990er-Jahren weitere Bauten
errichtet worden, die dem ursprünglichen Ensemble nicht unbedingt entsprachen.
Das "Harta-Haus"
Felix
Albrecht Harta (s.o.) wohnte, wie schon erwähnt, in dem ebenerdigen Biedermeier-Haus
Feldmühlgasse 12, an der Ostseite der Gasse. Dieses Haus stand am 5.November
2001 auf der Tagesordnung der Sitzung des Wiener Altstadterhaltungsfonds (in
dem Wiener GemeinderätInnen und Beamte sitzen). Gegen die Stimmen von Grünen,
FPÖ und ÖVP beschloss die SPÖ die "wirtschaftliche Abbruchreife", obwohl das
Haus in einer Schutzzone lag und obwohl ein Gutachten von Architekt Univ.-Prof.
Dr. Wehdorn ursprünglich die Erhaltung des Straßentraktes aufgrund seines historischen
und städtebaulichen Wertes empfohlen hatte. Prof. Wehdorn änderte dann jedoch
jäh seine Meinung. Auch ein einstimmiger Beschluss der Hietzinger Bezirksvertretung
vom 5.Dezember 2001, die Entscheidung über die wirtschaftliche Abbruchreife
wieder aufzuheben, wurde von der Rathaus-SPÖ ignoriert. Am 4.Dezember 2002 fand
die Bauverhandlung über den Neubau statt. Die zum "Haselsteiner-Imperium" gehörende
STRABAG (die Firma war übrigens im November 2002 in den Medien, als ein von
ihr beauftragtes Subunternehmen an die Arbeiter, die an der Instandsetzung der
Fassade des NIG arbeiteten, keine Löhne auszahlte) wird eine Anlage mit 7 Wohnungen
und 15,90 Metern Firsthöhe errichten (gültige Widmung ist Bauklasse II mit 10,5
Metern Traufenhöhe), wobei durch die Tiefgaragenplätze der gesamte Garten ausgeschachtet
wird, was den Verlust von mindestens 8 Bäumen, einige davon auf Nachbargrundstücken,
zur Folge haben wird. Die für das Ortsbild zuständige MA 19 hatte keinen Einwand,
da sich der Bauwerber, der sich weder in der Höhe noch in der Fassadengestaltung
an dem nördlich angrenzenden Biedermeier-Ensemble orientiert, auch in der Schutzzone
"für einen modernen Bau entscheiden" dürfe. Nach einer Vertagung beschloss der
Bezirks-Bauausschuss letztlich am 17.2. mit den Stimmen von ÖVP und SPÖ eine
§69-Ausnahme (Staffelgeschoss) für diesen Bau.
Das "Maculan-Haus"
Kulturhistorisch
wesentlich interessanter als das "Harta-Haus" war das sogenannte "Maculan-Haus"
in der Feldmühlgasse 9, unmittelbar südlich des Areals der "Klimt-Villa". Das
Haus stammte aus der selben Zeit wie Klimts Atelier-Gebäude (errichtet bereits
um die Mitte des 19.Jahrhunderts) und hatte sich das Aussehen seit der "Klimt-Zeit"
nahezu unverändert bis zu seinem Abriss bewahrt. Die Familie des derzeitigen
(Stand: Anfang März 2003) Grundeigentümers, Bauunternehmer DI Alexander Maculan,
erwarb laut Grundbuch zwischen 1939 und 1942 die Liegenschaft, die davor in
jüdischem Besitz war. Im Jahr 1995 kam es zu zwei Umwidmungen (Plandokumente
Nr. 6356 und 6838), die zweite (Beschluss der Bezirksvertretung vom 29.11.1995)
als "unwesentliche Abweichung", die einen zusätzlichen Trakt in Bauklasse I
nach Osten ermöglichte. Im Jahr 1999 kam der nördlichste Zipfel des bestehenden
Althauses zur Schutzzone (Plandokument Nr. 7256, beschlossen vom Gemeinderat
am 2.Juni 1999), wenige Monate darauf der Rest (PD 7285, beschlossen vom GR
am 17. März 2000). In einer Nacht- und Nebelaktion wurde das Haus am 28./29.Juni
2002, an einem Freitag Nachmittag und Samstag zu Ferienbeginn, illegal abgerissen.
Die Strafe für die ausführenden Firmen betrug lächerliche 4.620 Euro. Weitere
Konsequenzen wie etwa eine Bausperre sind gesetzlich nicht vorgesehen. Wie "zur
Belohnung" darf nun auf dem Gelände, unter Ausnutzung der bereits bestehenden
Widmung, ein Riegel mit 40 Wohnungen und rund 15 Metern Firsthöhe errichtet
werden (Bauwerber: SÜBA). Damit bleibt von dem einstigen Ensemble eigentlich
nur noch die "Klimt-Villa" selbst übrig.
"Klimt-Villa": Gefahr im Verzug?
Um
wenigstens das Areal der eigentlichen "Klimt-Villa" mit dem Garten (Feldmühlgasse
11) für Bauspekulation unattraktiv zu machen, brachten die Grünen für die Bezirksvertretungssitzung
am 19.Februar 2003 einen Antrag
ein, der eigentlich ein All-Parteien-Antrag hätte werden sollen - wenn ÖVP und
SPÖ mitgegangen wären. Er hatte einen Schutz des Areals durch eine Rückwidmung
(Abzonung) zum Ziel. U.a. wurde eine Änderung der (10,5 Meter-) Bauhöhe des
knapp 4 Meter hohen Flachbaus (ehemalige Schul-Expositur) neben der Villa auf
den derzeitigen Bestand verlangt, ein Schutz des Gartens durch eine Widmung
als "Epk" (Parkanlage) und die Verhängung einer sofortigen Bausperre bis zum
Abschluss einer solchen Umwidmung. Bei einem Verkauf der im Besitz des Bundes
befindlichen Liegenschaft könnte ein Bauträger gleich neben der "Klimt-Villa"
nach der derzeitigen Widmung (Bauklasse II mit 10,5 Metern Traufenhöhe) einen
ebensolchen Riegel errichten wie die STRABAG auf Nummer 12. Die zu erwartenden
(Pflicht-) Garagenplätze würden wahrscheinlich den Großteil des baumbestandenen
Gartens, der Klimt im Jahr 1912 für eines seiner Bilder sogar als Motiv diente,
zerstören. Eine Abzonung auf die bestehende Höhe von 4 Metern würde hingegen
eine Zerstörung wirtschaftlich uninteressant machen, da bei einem Abriss des
derzeitigen Flachbaus nicht höher gebaut werden dürfte.
ÖVP und SPÖ zogen es (im Gegensatz zu FPÖ-Bezirksrätin Brigitte Ofner) leider vor, den Antrag nicht mitzutragen, sondern ihn dem Bauausschuss zuzuweisen. Dort wurde er am 24.März im Bezirksbauausschuss behandelt und von ÖVP und SPÖ abgelehnt. Ein Widmungsänderungsansuchen könne nämlich nicht von irgendwem, sondern nur vom Grundeigentümer (das wäre im gegenständlichen Fall der Bund bzw. die Burghauptmannschaft) kommen. Dass allerdings auch der Bezirk Vorschläge zur seiner Entwicklung machen kann, wurde kaum erwogen. Gerade wenn es um Profitinteressen geht, pflegt sich die Politik leider oft sehr passiv zu verhalten.
Erfreulich ist, dass wenigstens der zweite Antrag zur Causa, gestellt von BR Jordan (GRÜNE), BV-Stellvertreterin Drlik (ÖVP) und BRin Ofner (FPÖ), einstimmig angenommen wurde: Er enthält eine Aufforderung an den Bund (als Grundbesitzer), das Areal nicht zu verkaufen. Allenfalls, so heißt es in der Begründung, sei eine Eigentumsübertragung an die "Gemeinnützige Österreichische Baukultur-Privatstiftung", deren explizites Ziel die Erhaltung baukulturellen Gutes ohne Gewinnabsicht ist, unterstützenswert.
Die Zukunft der "Klimt-Villa" und ihres Gartens ist also ungewiss, für Spannung in den nächsten Monaten ist gesorgt. Wir hoffen, dass sich Vernunft und politische Verantwortung gegen Gewinnstreben "5 vor 12" doch noch durchsetzen.
Gerhard Jordan
Link: Keine Konsequenzen aus
dem illegalen Abriss des Maculan-Hauses?
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