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STOPP der Verhüttelung im Lainzer Vorfeld!
Überlegungen zur Widmungs-Praxis in Hietzing

 


Diese wunderschöne Nussbaumwiese soll verhüttelt werden.


 

Beispiele für "Kleingärten für ganzjähriges Wohnen" ("Ekl-w") am Rand des Lainzer Tiergartens.
 
 


Heute noch Wald, morgen schon verbaut: Grundstück am Himmelhof, zwischen Carolaweg und Himmelhofgasse.



Zwei 100 m²-Bauten auf dieser Wiese sollen den "Gleichheitsgrundsatz" erfüllen.

SpaziergängerInnen, die in Ober St. Veit und Hacking entlang der Lainzer Tiergartenmauer wandern, stellen sich immer wieder die Frage, wie es möglich ist, dass unmittelbar am Rand eines Erholungsgebietes die Verhüttelung immer mehr überhand nimmt, und wieso die zuständigen PolitikerInnen dem tatenlos zusehen.

"Ganzjährige" Kleingärten

Die Einführung der Widmungskategorie "Kleingärten für ganzjähriges Wohnen" ("Ekl-w") im Jahr 1992 sollte, so die damalige Intention der BefürworterInnen, neuen Wohnraum schaffen, da man davon ausging, dass Menschen, die in ihr Kleingartenhaus ziehen, dann vielleicht ihre innerstädtische Wohnung aufgeben. Doch ob dies auch tatsächlich eingetreten ist, wurde nie untersucht.
Hingegen wurde die Skepsis der (damals erst kurz im Gemeinderat vertretenen) Grünen leider bestätigt. Das traditionelle Erscheinungsbild der Kleingärten wurde weitgehend zerstört, es entstanden "kleine Einfamilienhäuser", nicht zuletzt mit Folgeeinrichtungen wie Parkplätze und Zufahrtsstraßen. Während Gebäude in normalen Kleingartenanlagen ("Ekl") 35 m² Grundfläche haben dürfen, sind es in Anlagen für ganzjähriges Wohnen 50 m². Welchen Unterschied dies macht, kann jede/r in Hietzing nachvollziehen, der/die beispielsweise die Kleingärten am oberen Teil des Hanges nördlich der Adolfstorgasse ("Ekl") mit einigen Objekten der "Siedlung Hauerweg" (seit 1999 "Ekl-w") oder auch der südlichen Adolfstorgasse (etwa auf Höhe von Nr. 65, seit 1993 "Ekl-w") vergleicht.

Umwidmungen in Ober St. Veit

Am 29. April 1993 wurde im Wiener Gemeinderat, gegen die Stimmen der Grünen, der größte Teil des "Lainzer Vorfeldes" entlang der Tiergartenmauer neu gewidmet. Ein Teil des Gebietes erhielt damals die Kleingarten-Widmung für ganzjähriges Wohnen, darunter auch eine wunderschöne, mit Nussbäumen bestandene Wiese südlich der Veitlissengasse, von der noch die Rede sein wird.
Im November 2003 lag nun ein neuer Flächenwidmungsplan, Plandokument Nr. 7325, für dieses Gebiet öffentlich auf, zu dem die Bezirksvertretung am 17.Februar 2004 eine Stellungnahme beschloss.
Diese Stellungnahme, die von ÖVP und SPÖ gegen die Stimmen von Grünen und FPÖ beschlossen wurde, bedeutet allerdings noch einen Rückschritt gegenüber früheren Widmungen und Entwürfen! Zum Teil sind die gewünschten Veränderungen so gravierend, dass es wahrscheinlich zu einer öffentlichen Neuauflage des Plandokuments kommen wird.
Schon im "normalen" Entwurf ist die Umwidmung der Kleingartenanlage Hagenberg (Adolfstorgasse 53) auf ganzjähriges Wohnen vorgesehen, was dort zu einer höheren Verdichtung führen wird. Am Himmelhof wird ein Stückchen Wald zwischen Carolaweg und Himmelhofgasse unverständlicherweise als Bauland belassen. Die Forderung der Grünen wäre eine Rückwidmung auf "Schutzgebiet Wald- und Wiesengürtel" ("Sww"). Die oben erwähnte Nussbaumwiese wird von "Ekl-w" (also 50 m² Grundfläche pro Parzelle) auf "GS" ("Gartensiedlung") geändert, was Bauten mit 80-120 m² Grundfläche erlaubt, mit einer Zufahrtsstraße dazwischen. Das heißt, dass auf der Wiese voraussichtlich rund 900 m² Fläche verbaut werden wird.

Gleich und gleicher?

Der eigentliche "Knackpunkt" sind jedoch Umwidmungen, die im ursprünglichen Magistrats-Entwurf gar nicht enthalten waren und die ÖVP und SPÖ in ihrer Stellungnahme vom 17.Februar fordern: Es gibt südlich der Veitlissengasse zwei Grundstücke, die fast bis an die Tiergartenmauer heranreichen und derzeit baumbestandene Wiesen sind. Die derzeitige Widmung ist "Spk", das ist Grünland-Parkschutzgebiet. Mit Verweis auf die nahe gelegene Gartensiedlungs-Widmung, soll nun, dem "Gleichheitsgrundsatz" (!) entsprechend, auch hier eine teilweise Verbauung ermöglicht werden. Zu diesem Zweck wollen Rot und Schwarz insgesamt vier Baulichkeiten mit je 100 m² Grundfläche zulassen (derzeit sind nur zwei mit je 80 m² vorgesehen, eine der Wiesen ist jedoch noch gänzlich unbebaut)! Der dadurch erzielte Widmungsgewinn auf den beiden Grundstücken betrüge, vorsichtig und grob geschätzt, insgesamt etwa 240.000 € (das wären rund 3,3 Millionen Schilling). Und dabei ist noch gar nicht berücksichtigt, dass auch der umliegende Gartengrund, durch die mögliche Teilung von zwei in vier bebaubare Grundstücke, wertvoller wird. Und wer garantiert, dass nicht in ein paar Jahren, unter Hinweis auf den "Gleichheitsgrundsatz" natürlich, zur Gänze die Umwidmung in eine Gartensiedlung betrieben wird?
Warum ist so etwas scheinbar anstandslos möglich, während sinnvolle Rückwidmungen (siehe z.B. das oben erwähnte Waldstück am Himmelhof oder auch den Bau im Garten der "Klimt-Villa") immer mit dem Argument des "Eingriffs in Eigentumsrechte" abgeschmettert werden? Es wäre längst an der Zeit, einen Fonds für Rückwidmungen einzurichten und diesen aus Abgaben auf fette Widmungsgewinne zu speisen!

Die Widmungspraxis

Nicht immer durchsichtig sind auch die Kriterien, nach denen Umwidmungen erfolgen. Genügt es, den Bürgermeister, Bezirksvorsteher oder sonst einen Politiker gut zu kennen, sind Tennispartien mit ehemaligen Bundeskanzlern hilfreich, oder gibt es etwa doch irgendwelche nachvollziehbare stadtplanerische Kriterien? Manchmal kommen Zweifel auf. Bei allem Verständnis für Interventionen von Privaten, die sicher oft genug vorkommen und sehr lästig sein können (vor allem, wenn es sich nicht um einfache "NormalbürgerInnen" handelt, sondern z.B. um einflussreiche Privatstiftungs-Gründer, um Bereits-Großgrundbesitzer oder sonstige mit entsprechenden finanziellen Mitteln ausgestattete Lobbyisten): Das "Argument", Grünland in sensiblen Erholungsgebieten verhütteln zu dürfen, nur weil vielleicht ein Nachbar dies auch durchgesetzt hat, kommt einer politischen Bankrotterklärung gleich!
Die ÖVP als konservative, also erhaltende, bewahrende Partei ist hier besonders gefordert. Der Mut, mit der noch in der Ära Bischof/Steinwandtner viele zerstörerische Eingriffe abgelehnt wurden, scheint ihr gänzlich abhanden gekommen zu sein. Und die SPÖ, die mit ihrer absoluten Mehrheit im Gemeinderat die Letztentscheidung über die Umwidmungen trifft, sei daran erinnert, dass sie einst dafür eingetreten ist, vor allem den weniger Privilegierten schönes Wohnen zu ermöglichen.

Die grüne Position

Wir Grünen sind, dies sei klargestellt, nicht grundsätzlich gegen die Errichtung neuer Wohnungen, vor allem leistbarer. Bei der Zustimmung etwa zur Widmung neuer Wohnanlagen in Speising haben wir dies ja erst vor Kurzem gezeigt. Allerdings: Primär sollte eben nur dort, wo schon jetzt Wohngebiet besteht und wo ausreichende Infrastruktur vorhanden ist (öffentliche Verkehrsmittel, Nahversorgung), verdichtet werden und dafür am Rand von Erholungsgebieten, z.B. im Nahebereich des Wienerwalds, der Zersiedelung und Verhüttelung Einhalt geboten werden. Dies wäre ein planerischer Grundsatz, der wirklich nachvollziehbar ist!
Noch ein Buchtipp zum Abschluss: Nicht direkt mit den oben erwähnten Fällen zusammen hängend, aber nichts desto Trotz ein aufschlussreiches Werk über die Widmungspraxis im Süden Wiens ist die grüne Broschüre "Verwendungszusage. Ein Sittenbild der Planungspolitik", die wir InteressentInnen gerne zuschicken (Email: gerhard.jordan@gruene.at oder Tel.: 4000/81832).

Gerhard Jordan




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