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Aus der Schule geplaudert...

von Lore Brandl-Berger

Auf den Beitrag "Schul-fremd?" von Dr. Lore Brandl-Berger in unserer Zeitung gab es eine Fülle von Reaktionen, Mails und Briefen. Wir geben stellvertretend zwei davon und die Antwort der Angesprochenen darauf hier wieder. Die Red.

Liebe Frau Professor!

Als Mutter eines Wenzgassen-Schülers, der von Ihren Initiativen als Deutschprofessorin sehr profitiert hat, möchte ich auf Ihren Artikel im Blatt der Hietzinger Grünalternativen reagieren.

Von Ihren Fähigkeiten bin ich sehr überzeugt. Ihr Deutschunterricht hat unserem Sohn – als Pubertierendem! – Spaß gemacht.

Ich habe das Theaterstück "Der Nackte und der Mann im Frack", mit der Einleitung als Werbung für die Schule und das Projekt Step by Step, sehr lustig gefunden.

Doch Ihr Artikel hat mich enorm traurig gestimmt, besonders bedaure ich, dass Sie Ihre Couragiertheit in der Schule nicht mehr einsetzen können (dürfen).

Ich wünsche mir sehr, dass Sie weiterarbeiten können und in Zukunft als unbequeme Politikerin zusätzlich einem Trend "Zurück in die Steinzeit des Proporzes" wirksam entgegentreten werden. Dazu wünsche ich Ihnen den nötigen Mut und viele WählerInnenstimmen – meine auf jeden Fall.

Es war mir ein Bedürfnis auf Ihre Zeilen zu reagieren. Danke für das, was Sie bisher getan haben und das, was Sie als Kandidatin für die Bezirksvertretung/Bezirksvertreterin tun werden!

Mit herzlichen Grüßen

(Name der Redaktion bekannt)

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An die Grüne Alternative
Bezirksgruppe Hietzing

Sehr geehrte Damen und Herren!

Der "Beitrag" von Frau Dr. Brandl-Berger in Ihrem Bezirksblatt hat mich inhaltlich nicht wirklich überrascht, hat die Autorin doch mehrmals bei passender aber auch unpassender Gelegenheit die angesprochenen Themen zum Besten gegeben. Was mich allerdings verwundert ist die Tatsache, dass eine politische Partei, die in besonderer Weise demokratisches Verhalten propagiert, ohne Möglichkeit zur Stellungnahme der Angesprochenen einen solchen Artikel abdruckt.

Frau Dr. Brandl-Berger hat sich anerkannt und bedankt in einigen Bereichen unserer Schule große Verdienste erworben. Es gibt aber auch eine andere, weniger sympathische Seite dieser Lehrerin: z.B. Rücksichtslosigkeiten gegenüber der Schule beim Verfolgen eigener Vorstellungen, Nichteinhaltung von "Spielregeln", tiefgehende menschliche Verletzungen gegenüber KollegInnen und dem Direktor, undemokratisches und rufschädigendes Verhalten. Pensionierte LehrerInnen sind in der "Wenzgasse" grundsätzlich herzlich willkommen. Wer aber so wie Frau Dr. Brandl-Berger über Jahre in auch teilweise nicht zu vertretender Form polarisiert hat sollte sich nicht darüber wundern und auslassen, dass man als "schulfremde Person" bezeichnet wird.

Mit freundlichen Grüßen

Mag. Andreas Paseka
Direktor

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Verschiedene Wahrnehmungen also! Der eine Brief freut mich natürlich, und ich danke der Absenderin herzlich für das positive Feedback! Zum anderen Brief möchte ich kurz Stellung nehmen, und zwar nur insofern, als die Vorwürfe symptomatisch für unser Schulsystem bzw. die Schulatmosphäre sind.

Rücksichtslos beim Verfolgen eigener Vorstellungen? Mein Bemühen, meine Vorstellungen von Schule als einem Ort gemeinsamen Lehrens und Lernens von LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern in vielfältigen Unterrichtsformen zu verwirklichen, empfinden möglicherweise manche (nicht alle!) als rücksichtslos und störend.

Nichteinhaltung von Spielregeln - welcher Spielregeln? Handelt es sich um solidarisches Zusammenstehen der LehrerInnen den SchülerInnen gegenüber, auch wenn diese voreilige Beurteilungen übergestülpt bekommen? Oder geht es darum, dass man demokratische Vorgangsweisen nicht einzufordern wagt? Oder darum, dass man als LehrerIn Fehler (jeder macht sie) nicht eingesteht? Solche Spielregeln habe ich nicht eingehalten.

Tiefgehende menschliche Verletzungen gegenüber dem Direktor und KollegInnen? Wodurch? Indem ich als Zuträger von erlauschten Informationen und durch Intrigen versucht hätte, mir Vorteile und anderen Nachteile zu verschaffen? Nein, das nicht. Oder indem ich bei Konferenzen und auch sonst mich getraut habe, das laut zu sagen, was sich viele andere (nicht alle) dachten und höchstens hinter vorgehaltener Hand weitersagten? Das ja. Indem ich für einzelne SchülerInnen und Klassen eingetreten bin, über die das unfehlbare Lehrerurteil den Stab gebrochen hat? Ja, das schon. Wenn Verletzungen so zustande kommen, dann sind der Maßstab der Empfindlichkeit, die ihm zugrunde liegenden Werte und das Umfeld, in dem so etwas möglich ist, zu überdenken.

Undemokratisches und rufschädigendes Verhalten? Undemokratisch - das ist wohl ein Versuch den Spieß umzudrehen, also nicht weiter zu diskutieren. Rufschädigung? Vielleicht schädigt es in den Augen mancher KollegInnen und des Direktors den Ruf der Schule, wenn man von der kollegialen Übereinkunft mit Selbstschutzfunktion "Wir - Lehrer - sind - alle - gleich - gut - und - gerecht - und - wollen - ohne - Unterschied - für - jeden - Schüler - das - Beste - und - unsere - Schule - ist - überhaupt - hervorragend" abweicht und unter die Politur hineinleuchtet? Das führt nur dann zu "tiefgehenden, menschlichen Verletzungen", wenn jedes Abweichen von der eben skizzierten Linie nicht als Impuls zu Neuem, sondern als persönliche Bedrohung empfunden wird.

Alle diese Vorwürfe sind symptomatisch für eine Schule, die noch immer vom Geist einer hierarchischen Vergangenheit geprägt ist. Dank Pisa beginnen einige Verantwortliche zu begreifen, dass es auch anders gehen könnte, siehe "Grünes Schulprogramm für Chancengerechtigkeit". Ob sie genügend Unterstützung für die Umsetzung ihrer Ideen bekommen werden? Wir können es nur hoffen.

Da dieser Text eine Erwiderung auf Vorwürfe darstellt, kommt der positive Aspekt zu kurz. Deshalb ergänze ich, dass ich mit vielen KollegInnen sehr gerne zusammengearbeitet habe. Es gibt genug ProfessorInnen an meiner ehemaligen Schule, die ich Kindern und jungen Menschen als LehrerInnen wünsche. Manche sehen die eben skizzierte Schulsituation vielleicht ähnlich, aber darüber sprechen dürfen sie immer weniger, es sei denn zu ihrem Nachteil - das müsste uns allen zu denken geben.

Dr. Lore BRANDL-BERGER unterrichtete 34 Jahre an einem Hietzinger Gymnasium, ihre Fächer waren Deutsch, Turnen und Darstellendes Spiel. Sie wohnt seit Jahrzehnten im 13. Bezirk, hat eine Tochter und drei Söhne. Schon lange gehörte sie zu den SympathisantInnen der Grünen, hatte aber vor ihrer Pensionierung wegen ihres beruflichen Engagements keine Zeit zur Mitarbeit. Bei der Wahl im Herbst 2005 war sie Kandidatin der Grünen für die Bezirksvertretung.
E-Mail: lore.brandl-berger@gruene.at

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Seite geändert am 30 Dezember, 2005 / Home / Kontakt: hietzing@gruene.at, Tel. 4000 / 81 832