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Wahlsonntag im GZW

Eindrücke von Lore Brandl-Berger

23. Oktober 2005, Wiener Gemeinderatswahl, Pavillon 12 des GZW (ehemaliges Pflegeheim Lainz). Ich bin dort als Wahlzeugin für die Grünen eingesetzt. Nach einer kurzen Kennenlern- und Besprechungsphase macht sich unsere (außer mir nur aus Männern bestehende) Gruppe auf den Weg, ausgestattet mit einem Leintuch als "Wahlzelle" und einer Wahlurne. Ich weiß bereits, dass in diesem Pavillon vor allem SeniorInnen, die unter Alzheimer leiden, untergebracht sind und habe in den letzten 10 Jahren wie viele andere ÖsterreicherInnen einige Horrormeldungen über Lainz gelesen und gehört. - Wie sieht nun die Wirklichkeit aus?

Darauf, dass ich schon in der ersten Station am Sinn der Wahl in diesem Rahmen zu zweifeln begann, möchte ich hier nicht näher eingehen. Besser - und nicht nur gesetzesgemäß - ist es allemal, jedem/jeder mündigen StaatsbürgerIn die Stimmabgabe zu ermöglichen, auch wenn schon bei manchen das lange Vergessen begonnen hat und höchstens noch die Parteifarben (rot, schwarz, blau, grün) eine blasse Erinnerung an etwas Politisches wecken. Ich möchte vielmehr meine Eindrücke wiedergeben, die ich sonst bei diesem Einsatz gewinne. Mir fallen sofort die hellen, sauberen, farbenfroh gestalteten Gänge und Zimmer auf, in denen jetzt höchstens sechs Personen untergebracht sind. Von den BewohnerInnen selbst gebastelte Gegenstände sind ausgestellt und Pflanzen schmücken die Räume. Das Pflegepersonal, zu 90% keine "eingesessenen" ÖsterreicherInnen, ist freundlich zu den PatientInnen und zu uns. Ich erlebe humorvolle Nachsicht der PflegerInnen mit den ihnen Anvertrauten, die zum Großteil erheblich desorientiert sind. Gewiss, der Wahltag stellt eine Ausnahmesituation dar, aber so verstellen kann sich niemand.

Mögen auch die Veränderungen noch nicht so weit gediehen sein, dass sich in jedem Zimmer eine Dusche und ein WC befinden - die Atmosphäre insgesamt ist gut. Über den Horrormeldungen, die durch die Medien gegangen sind und teilweise einen wahren Hintergrund hatten, dürfen wir nicht vergessen, dass auch schon früher - nicht erst jetzt - sehr viel Positives von den ÄrztInnen und dem Pflegepersonal in diesem Pflegeheim geleistet wurde, von dem viel weniger gesprochen wurde als vom Negativen.

Am Schluss ein kleines Detail, das aber als Ausdruck einer Atmosphäre zu werten ist: In einem Pavillon wurde von ÄrztInnen und PflegerInnen wiederholt ein Theaterstück einstudiert und den PatientInnen vorgespielt. Noch einmal Bezug nehmend auf den Wahltag möchte ich sagen, dass ich einen sehr positiven Eindruck von der Pflege in Pavillon 12 gewonnen habe. Meines Erachtens gebührt den Menschen, die dort arbeiten, unsere Anerkennung und unser Dank.


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