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Der "geschlechtergerechte" Gehsteig


Von Andrea Diawara

"Gender Budgeting" ist das finanzpolitische Instrument von "Gender Mainstreaming". Es hat das Ziel die Budgetpolitik um die Geschlechterperspektive zu erweitern. Die unterschiedlichen Lebenssituationen von Frauen und Männern müssen in budgetpolitische Entscheidungen integriert werden und öffentliche Gelder sollen im Sinne einer Gleichstellungsförderung eingesetzt werden.

"Gender Budgeting" wurde bereits in den 1990er Jahren im internationalen Kontext entwickelt und entsprechende Initiativen gibt es in über 40 Ländern weltweit. Im Hietzinger Bezirksbudget gibt es seit 2005 den Posten "Gender Mainstreaming" im Straßenbau.

 
So sieht "gender-gerechter" Asphalt aus. Für eine Analyse des Mobilitätsverhaltens fehlt leider das Geld...
 

 
Unten: "Vergessene" Reste des alten Gehsteigs

Gerade im öffentlichen Bereich, in der Mobilität, sind die unterschiedlichen Lebenssituationen von Frauen und Männern deutlich zu erkennen: in Wien legen Männer 44% ihrer Wege mit dem Auto zurück, Frauen nur 29%, Frauen gehen mehr zu Fuß und sind auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. Hier ist es möglich, Gelder gezielt zu verteilen. Dazu ist allerdings eine Bedarfserhebung notwendig, d.h. es muss untersucht werden, wer sich wo, wann und wohin zu Fuß, mit den Öffis oder mit dem Auto fortbewegt. An Hand des Ergebnisses können dann Defizite beseitigt und Geld sinnvoll investiert werden.

Unser Antrag auf Erstellung einer Studie über das Mobilitätsverhalten im Bezirk wurde im Finanzausschuss von allen anderen Parteien abgelehnt mit den Begründungen: das koste zu viel, und "Gender Mainstreaming" werde sowieso schon von den Magistratsabteilungen umgesetzt.

Wie "gut" diese Umsetzung funktioniert, ist am Budgetposten "Gender Mainstreaming" im Straßenbau 2006 zu erkennen: Mit dem Geld von 20.000 Euro wurde - so die Antwort des Bezirksvorstehers auf meine Anfrage - "die Klinkerplattenbefestigung des in der Erhaltung der Stadt Wien befindlichen Gehsteiges in der Neue-Welt-Gasse vor den Ordnungsnummern 20 und 22 durch eine bituminöse Gehsteigkonstruktion ersetzt, sodass für alle GehsteignutzerInnen nunmehr ein verbesserter Gehkomfort gegeben ist".

80 Meter Gehsteig saniert, mit dem "Mascherl" der Gender-Gerechtigkeit - eine wirklich "tolle Errungenschaft" für alle Hietzinger Frauen!! So sieht also der Hietzinger Beitrag zu einem geschlechtergerechten Budget aus.

Auch in allen anderen Budgetbereichen denkt man nicht im Geringsten daran, zu hinterfragen, wie denn die Gelder den Geschlechtern zu Gute kommen und wie sie besser verteilt werden könnten.

Ist es wirklich möglich, dass man nach fast 40 Jahren neuer Frauenbewegung in Wien Frauen mit 80 Metern Gehsteig (der ohnehin aus dem "normalen" Straßenbau-Budget hätte saniert werden müssen) abspeist??

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