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Mittwoch, 3. Dezember 2014

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Haben Sie ein Privatleben? Dann sollten Sie es jetzt verteidigen!

20.04.2012 17:36

 

Haben Sie ein Privatleben? Dann sollten Sie es jetzt verteidigen!

Am Freitag, dem 13. April gab es eine fachkundige Diskussion zum Thema Vorratsdatenspeicherung (VDS). Profundes Wissen der Materie bewiesen dort Andreas Krisch, Obmann AKVorrat.at, VIBE.at; Albert Steinhauser, Justizsprecher der Grünen; Christof Tschohl, Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte, AKVorrat.at und Mag. Ewald Scheucher, Rechtsanwalt.

Sie gaben Auskunft zur gemeinschaftlichen Verfassungsklage, die vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung und Albert Steinhauser initiiert wurde. Veranstaltungsort war das Metalab in der Rathausstraße, das Interesse war groß, der Raum voll besetzt.

Gemeinsam gegen die Vorratsdatenspeicherung. V.l.n.r.: Max Schrems, Facebook-Kläger, Andreas Krisch, AK Vorrat, Rene Fischer, Global 2000, Robert Menasse, Schriftsteller, Mieze Medusa, Künstlerin, Albert Steinhauser und Eva Glawischnig

VDS ist ein Baustein der Telekommunikations-Überwachung. Unmittelbar betroffen sind alle NutzerInnen von Kommunikationsdiensten, Daten von Kommunikationsvorgängen werden durch Telefon- und Internetanbieter aufgezeichnet. Wohlgemerkt nicht die Inhalte, so billig ist der Speicherplatz noch nicht. Es geht um: Wer? Wann? Mit wem? Daraus kann man sehr viele Schlüsse ziehen. Auch falsche. VDS widerspricht der Europäischen Menschenrechtskonvention und unseren BürgerInnenrechten!

Stellen Sie sich vor, an einer Ecke Ihres Wohnhauses steht ein Mensch, der Tag und Nacht peinlich genau aufschreibt, wer  wann mit wem vorbeigeht. Nicht nur an Ihrer Hausecke, sondern ebenfalls an jeder anderen, sodass den Aufschreibern keine Information entgehen kann.

Oder die Post vermerkt genau, wer wann an wen einen Brief oder ein Paket versendet.

Das Gleiche passiert jedoch seit 1. April 2012 mit unseren Daten. Es wird festgehalten, wer von wo aus, wann und mit wem kommuniziert, also E-Mails absetzt oder telefoniert. Es wird festgehalten, in welchem Cluster (räumlich begrenzter Wirkungsradius eines Handymasten) man sich fortbewegt, wenn man das Handy benutzt. Daraus können mehr oder weniger vollständige Bewegungsprofile erstellt werden.

Hier würde jeder sagen, das kann nicht sein, das sind ja totalitäre Ansätze. Ja, das sind sie. Niemand unterstellt hier, dass damit bestimmte Ziele verfolgt werden, aber mit einem Rundumschlag wurden Grundrechte eingeschränkt. Die Speicherung von Verbindungsdaten ist ein Eingriff in die Privatsphäre, die durch die Grundrechte geschützt und garantiert werden soll. Seit 01. April 2012 gilt das praktisch für die gesamte Bevölkerung Österreichs nicht mehr.

Als Argument für VDS wird häufig vorgebracht, dass dadurch bei der Verbrechensbekämpfung viel erreicht werden kann. Nun, dagegen spricht eine Studie des deutschen Bundeskriminalamtes  aus dem Jahr 2005, welche besagt, dass die Aufklärungsrate dort nur 0,006 Prozent gesteigert wurde. Wollen wir dafür unsere Privatsphäre aufgeben? Wollen wir nur, weil wir kommunizieren, schon unter Verdacht stehen? Leute, die Verbrechen planen, können sich jedenfalls gut vor Aufzeichnung schützen, indem sie kleine Anbieter wählen, die nicht zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet sind, Wertkartenhandys verwenden und über falsche IP-Adressen mailen (Internetprotokoll-Adressen identifizieren Geräte, welche an das Internet angebunden sind). Bisher war es so, dass man zumindest unter Verdacht stehen musste, eine Straftat begangen zu haben, um offiziell observiert zu werden. Nun können aber jederzeit Profile erstellt werden, die  Verwechslungen nicht ausschließen. Aus vollkommen harmlosen Verbindungen ergeben sich unter anderen Gesichtspunkten möglicherweise völlig falsche Schlussfolgerungen, besonders dann, wenn Maschinen mit Algorithmen die Auswertungen automatisch betreiben. Missverständnisse sind vorprogrammiert. Es kommen auch JournalistInnen, ÄrztInnen und andere BerufsgeheimnisträgerInnen in Situationen, wo die Verschwiegenheitspflicht ad absurdum geführt wird.
Gemeinsam zeigen wir ArbeitskreisaktivistInnen mit dieser Klage gegen die Vorratsdatenspeicherung, dass es doch nicht ganz so einfach ist, solche Entscheidungen über die Köpfe der BürgerInnen hinweg zu treffen.

Sabine Lafazani



 

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