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Mittwoch, 3. Dezember 2014

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“Direkte Demokratie ist kein Zauberkaninchen”

20.11.2012 21:28

 

“Direkte Demokratie ist kein Zauberkaninchen”

Mit der Grünen Gemeinderätin Monika Vana führten wir ein Gespräch über Arbeitsmarktpolitik, Europa, Frauen und Direkte Demokratie.

GT (Grüntext, Magazin der Hietzinger Grünen): Hallo Moni, in deiner Mail-Signatur steht Gemeinderätin und stellvertretende Klubobfrau. Was könnte noch alles auf deiner Visitenkarte stehen?

MV (Moni Vana): Ja einiges, am Besten seht ihr auf respekt.net nach, um nichts zu vergessen. Da wäre einmal  Vierte Vorsitzende im Gemeinderat (als einzige Frau), Vorstandsmitglied im WAFF, Mitglied im Hauptausschuss des österreichischen Städtebundes, Vorstandsmitglied der europäischen Grünen (dort: Koordinatorin des Gendernetzwerkes und der Vernetzung grüner Kommunalpolitik), Vorstandsmitglied bei Südwind, Stv. Schriftführerin des österr. Frauenringes.

GT: Europapolitik. Was sind angesichts der Finanz- und Eurokrise die heißen Themen und die grünen Positionen dazu?



MV: Ich bin glühende Europäerin, aber ebenso scharfe EU-Kritikerin. Die Zukunft der europäischen Idee steht auf dem Spiel.  Das gemeinsame Lösen von Problemen ist bedroht.  Die EU hat sich zu einer Wirtschaftsgemeinschaft ohne soziale Gesichtspunkte entwickelt. Diese Versäumnisse rächen sich nun,  es findet ein nationales Feilschen der einzelnen Mitgliedsstaaten wie im 19. Jahrhundert statt. Mit dem Neoliberalismus gepaart ergibt das eine verheerende Kombination. Es wird damit den Rechten der Boden aufbereitet - und zwar sowohl strukturell als auch politisch. Die Neoliberalen sitzen in den meisten politischen Positionen. Frankreich ist nach den letzten Wahlen der neue Hoffnungsträger. Die Umverteilung zw. Arm und Reich ist ein Muss um die EU überlebensfähig zu machen. Die derzeitige Wachstumsdiskussion ist vollkommen falsch, da Wachstum kein Selbstzweck ist. Was es braucht ist ein “green growth”.

GT: Das Rederecht für Europaabgeordnete im Wiener Landtag, dein bisher größter politischer Erfolg?

MV: In dieser Regierungsperiode definitiv. Das ist nur in Wien möglich und hat starke Reaktionen sogar bei den SkeptikerInnen hervorgerufen. Im Jänner (2012) fand eine Debatte zur Daseinsvorsorge statt, bei dem Europaabgeordnete von allen Parteien zu Wort kamen. Das habe ich als Sternstunde im Wiener Gemeinderat erlebt. Auch dass im Wiener Gemeinderat endlich ein Europa-Ausschuss eingerichtet wurde, sehe ich als grünen Erfolg.

GT: Arbeitsmarkt: Was kann eine rot-grüne Stadtregierung angesichts enger werdender Budgetmittel bewirken?

MV: Ich bin stolz, dass  es zu keinen Kürzungen beim WAFF (Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfond) gekommen ist. Der WAFF ist einzigartig und  ein Internationales Vorbild. Er kann nur eine Ergänzung zum AMS sein, keine Kompensation. Er arbeitet zielgruppenspezifisch: Frauen, MigrantInnen, 50+. Und betreibt im Gegensatz zum AMS, dessen Aufgabe das Vermittlungsziel (Statistikbeschönigung) ist, aktive Arbeitsmarktpolitik. Der WAFF bietet auch Förderungen bei aufrechten Arbeitsverhältnissen an. Die grüne Handschrift dabei ist nun, dass diese Gelder nicht zu einer versteckten Unternehmensförderung verwendet werden. Das ist nämlich Aufgabe der Wiener Wirtschaftsagentur.

GT: Frauenpolitik: Du warst ca. 10 Jahre Sprecherin der Wiener Grünen Frauenorganisation und bist da noch immer im Vorstand. Wenn du einen Satz hättest, um dir in der Frauenpolitik etwas zu wünschen, was wäre es?


MV: Die ökonomische Eigenständigkeit der Frau. Das Erreichen dieses Ziels ist durch die derzeitige Krise leider stark bedroht.

GT: Direkte Demokratie: “Wer 150.000 Unterschriften ignoriert, hat das Amt nicht verdient.” Was sagst du zu so einer Aussage?

MV: Die ÖVP soll den Mund nicht so voll nehmen. Direkte Demokratie ist kein Zauberkaninchen, das man bei Bedarf aus dem Hut nimmt. NÖ ist das am zentralsten regierte Bundesland und somit das Negativbeispiel in Österreich schlechthin.

GT: Kannst du in ganz kurzen Worten die grünen Vorstellungen zur direkten Demokratie umreißen?

MV: Es muss einen guten Mix aus Parlamentarismus und direkter Demokratie geben. Bei einer Umfrage muss die  Repräsentativität z.B. durch ein Quorum sichergestellt sein. Ebenso eine ausreichende Information der Stimmberechtigten. Das Kaufen von Stimmen und die derzeit real existierende  Medienmacht muss bedacht werden. Auch BürgerInnenbeteiligungsverfahren sind wichtige Elemente der direkten Demokratie. Das wird in der gegenwärtigen Debatte von den Rechtspopulisten gerne ausgeblendet.

GT: Wie du ja weißt, ist in Hietzing auf Bezirksebene die ÖVP stärkste Partei und kann sich aussuchen, mit welcher Partei sie eine Mehrheit findet. Welche Rolle spielt die ÖVP im Gemeinderat?

MV: Die ÖVP glaubt durch die Parkpickerl-Diskussion wieder Zulauf zu haben, ansonsten hat sie  keine Themen. Der Schock über rot-grün sitzt noch immer tief und es herrscht wohl ein Hoffen auf einen Koalitionsbruch. Ein Programm kann ich nicht erkennen, außer einen Teil der Macht haben zu wollen.

GT: Wie siehst du die rot-grüne Zusammenarbeit in Wiener Rathaus?

MV: Die Anfangseuphorie ist zu einer guten sachbezogenen Zusammenarbeit geworden. Das Klima dabei ist ausgezeichnet. Jedenfalls in meinem Bereich. Wir müssen uns aber auch darüber im Klaren sein, dass wir Wien nicht in 5 Jahren revolutionieren können. Bürgermeister Häupl hat Handschlagsqualität und wir Grünen haben einen anderen Politikstil eingebracht. Statt Aufteilung der Pfründe, Zusammenarbeit in vielen Bereichen.

GT: Angesichts von so vielen von dir ausgefüllten Tätigkeiten und Bereichen und der direkt spürbaren Energie mit der du diese betreibst, eine fast blasphemische Frage: Was wäre MV geworden, wenn sie nicht Politikerin geworden wäre?

MV: Mein Traum wäre nach wie vor Archäologin, aber wahrscheinlich wäre ich eine streitbare Wirtschaftsinformatikerin geworden, wenn mich nicht Johanna Dohnal 1994, direkt nach Abschluss meines Studiums (eben Wirtschaftsinformatik), in ihr Kabinett geholt hätte. Aber ich hatte nicht vor, Politikerin zu werden.

GT: Und die letzte Frage: Was macht MV als Ausgleich zu ihrer politischen Arbeit?

MV: Wenn du mich gefragt hättest, woher ich meine Energie nehme, hätte ich sicher geantwortet, beim Abschalten auf Urlauben mit meiner Familie. Aber ehrlich gesagt ist unser Job nicht sehr familienfreundlich. Einen guten Ausgleich bieten mir zwischendurch ein paar Stunden bei Museums- und Ausstellungsbesuchen. Da kommt wohl wieder die Archäologin in mir durch.

GT: Wir danken für das Gespräch.



 

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