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Mittwoch, 3. Dezember 2014

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"Hurra, wir dürfen zahlen!"

17.06.2011 17:18

 

"Hurra, wir dürfen zahlen!"

So lautet der Titel des Buches, das die deutsche Autorin Ulrike Herrmann selbst am 18. Mai 2011 in der Wiener Hauptbibliothek präsentiert hat.

Mit auf dem Podium waren Michaela Moser, PR-Referentin sowohl für die Armutskonferenz als auch für die ASB – Schuldnerberatungen in Österreich, David Ellensohn, Klubobmann der Grünen im Rathaus, und als Moderator Andreas Nowy von der Grünen Bildungswerkstatt.

Der Untertitel von Herrmanns Buch lautet “Der Selbstbetrug der Mittelschicht”, an die die Autorin in erster Linie appelliert. Sie definiert die Mittelschicht nach dem Monatsgehalt, das bei Singles zwischen EUR 1000,- und EUR 2200,- , bei einer Familie mit zwei Kindern zwischen EUR 2100,- und EUR 4600,- liegt. Der Selbstbetrug besteht ihrer Meinung nach darin, dass die Mittelschicht unwissentlich am eigenen Abstieg mitwirkt, indem sie von denen, die viel besitzen, keine gerechten Steuern einfordert, sondern lieber selbst die Hauptlast trägt. Die Reallöhne seien trotz besserer Ausbildung der Arbeitnehmer seit 20 Jahren ständig gesunken, während die Gewinne in der Wirtschaft gestiegen seien. Die Mittelschicht glaubt trotz gegenteiliger Entwicklung beharrlich an den nahen gesellschaftlichen Aufstieg, wobei als Kuriosum hervorzuheben ist, dass sowohl für die Mittelschicht als auch für sehr Wohlhabende der Reichtum knapp über dem eigenen Einkommen beginnt.

In Österreich, wo es schwierig ist, an entsprechende Zahlen zu kommen, geht – so Herrmann - die Eigentumsschere noch weiter auf als in Deutschland. Das Bankgeheimnis, private Stiftungen und die Abschaffung der Vermögenssteuer seien einige der Ursachen. Nach dem McKinsey – Report vom Oktober 2010 besitzen in Österreich 0,5% der Bevölkerung 33% des gesamten Vermögens (in Deutschland besitzt 1% 23% des V.), 10% der Österreicher besitzen bereits 69% des Vermögens (in Deutschland besitzen 10% 61,1 % des V.). Die Vermögenden bezeichnen hierzulande oftmals die sozial Schwachen als bequem lebende Schmarotzer; für Letztere wurde eine Transparenzdatenbank eingerichtet, nicht aber für Erstere.

Auch Michaela Moser und David Ellensohn halten eine gerechtere Verteilung des vorhandenen Vermögens für wichtig. Immer mehr Menschen geraten in die Armutsfalle und suchen die Schuldnerberatung auf. Ellensohn weist auf die schlechte Datenlage in Wien hin, die es schwierig macht, einen Armuts- und Reichtumsbericht zu erstellen, was die Grünen trotzdem versucht haben. Das Ergebnis zeigt, dass sich die BezieherInnen einer Mindestsicherung in Wien innerhalb weniger Jahre mehr als verdoppelt haben.

Im Zuge einer lebhaften Diskussion wird Schweden genannt, wo höhere Steuern gezahlt werden, die Transparenz voll da ist und die Regierung nur die Mehrwertsteuer bekommt, die Einkommenssteuer geht zum Großteil an die Gemeinden und Landkreise. Moser weist darauf hin, dass die sozial schwächste Schicht keine homogene Gruppe ist, in ihr alle Bildungsgrade vertreten und psychosoziale Zusammenhänge zu beachten sind. Von Ulrike Herrmann fordert eine Teilnehmerin eine differenziertere Betrachtung der Mittelschicht ein.

Bei einer von den Grünen organisierten Demo vor zwei Jahren sind als Reiche verkleidete Schauspieler in einer Limousine über den Ring gefahren. “Wie leben gut in Österreich, danke!” las man auf einem Transparent. Dass Österreich zu einer Oase für Reiche wird, während immer mehr Menschen in Armut fallen, sollte durch politisches Handeln verhindert werden.


Das Buch:
Ulrike Herrmann:
Hurra, wir dürfen zahlen
Der Selbstbetrug der Mittelschicht
Westend Verlag
223 Seiten
ISBN 978-3-938060-45-2
EUR 17.50



 

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