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Brennpunkt
Fleschgasse: links und rechts des Hauses Nr. 8 soll gebaut werden
- um vieles höher. Bäume sind da oft "im Weg"...
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Umgeschnittene
Bäume im Invalidenhauspark an der Hochheimgasse haben 2006 zum Entstehen
einer Bürgerinitiative geführt.
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Bangen
um Bäume in der Seuttergasse (Hacking).
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Baumriesen
im Bereich der Fleschgasse. Das plötzliche Absterben einzelner Bäume
(rechts) hat Befürchtungen ausgelöst.
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von Gerhard Jordan
Seit Jahren wiederholen sich die Szenen: besorgte AnrainerInnen
rufen an, es sollen Bäume gefällt werden (bzw. meist werden sie das schon).
Die Bäume - oder deren Stümpfe - sehen gesund aus. Was kann man/frau tun? Dann
meistens große Enttäuschung, wenn sich herausstellt, dass das Wiener Baumschutzgesetz
einen Namen trägt, der trügt: denn wirklich SCHÜTZEN kann es Bäume kaum, es
ist stellenweise ziemlich "zahnlos". Grund genug für die Hietzinger und Wiener
Grünen, sich Gedanken zu machen was sich ändern sollte.
Das Wiener Baumschutzgesetz
Oft wird betont, dass Wien ja gut dastehe, weil es immerhin ein Baumschutzgesetz
hat (was nicht überall der Fall ist). Aber werfen wir einmal einen Blick auf
das Gesetz:
Es umfasst den Baumbestand im Gebiet der Stadt Wien (auf öffentlichem und privatem
Grund), und zwar alle Laub- und Nadelbäume mit einem Stammumfang von mindestens
40 cm, gemessen in 1 m Höhe vom Beginn der Wurzelverzweigung.
Keine Anwendung findet das Gesetz auf Wälder, auf Obstbäume, auf Bäume in Kleingartenanlagen
und andere kleinere Ausnahmen.
Jede/r GrundeigentümerIn (Bauberechtigte) ist verpflichtet, den auf seinem/ihrem
Grundstück stockenden Baumbestand zu erhalten. Ohne behördliche Bewilligung
dürfen die Bäume nicht gefällt, sonstwie entfernt oder zum Absterben gebracht
werden.
Die Bewilligung regelt der §4 des Baumschutzgesetzes. Sie ist z.B. zu erteilen
wenn die Bäume die physiologische Altersgrenze nach Art und Standort erreicht
oder überschritten haben oder sich in einem Zustand befinden, dass ihr Weiterbestand
nicht mehr gesichert und daher die Entfernung geboten erscheint oder die Bäume
durch ihren Wuchs oder Zustand fremdes Eigentum oder die körperliche Sicherheit
von Personen gefährden oder bei Bauvorhaben ohne die Entfernung von Bäumen die
Bebauung der im Bebauungsplan ausgewiesenen Bauplatzes nicht möglich ist.
Einen Antrag auf Bewilligung zur Fällung kann der/die GrundeigentümerIn (Bauberechtigte)
stellen. Mit der Entfernung von Bäumen darf erst dann begonnen werden, wenn
der Bescheid rechtskräftig geworden ist.
Der §6 regelt die Ersatzpflanzungen. Sie bestimmen sich derart, dass pro angefangenen
15 cm Stammumfang des zu entfernenden Baumes, gemessen in 1 m Höhe vom Beginn
der Wurzelverzweigung, ein Ersatzbaum mittlerer Baumschulenqualität (8 bis 15
cm Stammumfang) zu pflanzen ist. Der/die TrägerIn der Bewilligung hat die Ersatzpflanzung
in erster Linie auf derselben Grundfläche, wenn dies nicht möglich ist, in einem
Umkreis von höchstens 300 m vom Standort des zu entfernenden Baumes auf eigenem
oder fremdem Grunde vorzunehmen. Kann die Verpflichtung zur Ersatzpflanzung
nicht voll erfüllt werden, so kann auch eine Ausgleichsabgabe entrichtet werden.
Die Strafbestimmungen sind im §13 geregelt: Eine Verwaltungsübertretung begeht
z.B. wer die Erhaltungspflicht verletzt, einen der verbotenen Eingriffe setzt
oder Baum ohne vorherige Bewilligung entfernt bzw. entfernen lässt. Die Strafe
bewegt sich in der Regel im Rahmen bis zu 7.000 Euro, bei mehr als 20 illegal
entfernten Bäumen können bis zu 6 Monate Freiheitsstrafe verhängt werden.
Der §15 schließlich regelt die Mitwirkung der BezirksvorsteherInnen: Der Magistrat
hat vor Erlassung eines Bescheides gemäß § 4 dem/der örtlich zuständigen BezirksvorsteherIn
innerhalb einer Frist von zwei Wochen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
Reformbedarf
Hier setzt schon unsere erste Kritik an: Neben der Behörde (MA 42/Stadtgartenamt,
Magistratisches Bezirksamt) ist lediglich der Bezirksvorsteher über alle Baumfällungen
informiert. Auf seinen Schreibtisch kommen alle Bescheide rechtzeitig, und er
gibt seinen "Sanktus". Dass die Opposition davon nichts erfährt, versteht sich
von selbst. Auf Nachfragen verschanzt sich BV Gerstbach hinter der Bürokratie:
sein Standardargument lautet, die MA 42 habe gesagt, der Baum sei krank oder
sei zu fällen, und er müsse den Experten glauben.
Hier fordern wir, dass die Umweltausschüsse (und somit alle Fraktionen) ebenfalls
rechtzeitig informiert werden müssen! Einen diesbezüglichen Initiativantrag
auf Novellierung des Baumschutzgesetzes haben die Grünen am 28. Juni 2007 im
Wiener Landtag eingebracht.
Die Antwort von SPÖ-Umweltstadträtin Ulli Sima (Schreiben vom
24. August 2007): "Die Regelung, dass den Umweltausschüssen der Bezirke innerhalb
von vier Wochen eine Stellungnahmemöglichkeit eingeräumt werden soll, hat den
Nachteil, dass das generelle Ziel der Verfahrensbeschleunigung damit unterlaufen
würde. (...) Da Baumentfernungen meist auch mit übergeordneten, strategischen
Projekten verbunden sind, haben die Umweltausschüsse grundsätzlich die Möglichkeit,
ihre Stellungnahmen einzubringen. Die Entfernung von einzelnen Bäumen hingegen
stellen Detailfragen dar und würden vermutlich den Arbeitsaufwand der Umweltausschüsse
übergebührlich belasten. Diese Begründung (dass die BürgerInnen über die Gründe
von Baumfällungen nicht ausreichend informiert seien, Anm.) kann nicht nachvollzogen
werden, da nahezu bei jeder Baumfällung mit Infotafeln, Gespräche der MagistratsmitarbeiterInnen
vor Ort, Bürgerdienst (Magistratsabteilung 55), Artikeln in den Bezirksmedien
oder auch in den Tageszeitungen sowie bei größeren Projekten auch über Fernsehen
und Radio informiert wird. Die derzeitige Lösung im Wiener Baumschutzgesetz,
dem Bezirksvorsteher eine Stellungnahmemöglichkeit einzuräumen, erscheint daher
die weitaus effektivere Lösung zu sein und sie ermöglicht auch, dass die Verfahren
nach dem Wiener Baumschutzgesetz rasch abgewickelt werden können.".
Der Stadträtin dürften allerdings einige Dinge entgangen sein:
Die Umweltausschüsse erfahren, ebenso wie Oppositionsparteien, sehr selten Genaueres
über geplante Projekte und Baumfällungen; die Mitglieder der Umweltausschüsse
(BezirksrätInnen) werden fürs Arbeiten und nicht fürs Wegschauen bezahlt; Infotafeln
vor Baumfällungen wurden von AnrainerInnen bisher weit seltener gesichtet als
das Ungeheuer vom Loch Ness oder der Yeti... - Doch zumindest wird der Zweck
der Ablehnung des Antrags ehrlich zugegeben: Baulöwen und Betreiber sollen möglichst
ohne Verzögerung ihre Vorhaben durchziehen können.
Der zweite Kritikpunkt ist die mangelnde Information der Bevölkerung: einerseits
müsste auf einem zu fällenden Baum rechtzeitig - sprich: einige Wochen vorher
- eine Information mit Zeitpunkt und Grund der Fällung, plus einer zuständigen
Telefonnummer, angebracht werden, andererseits sollten die geplanten Fällungen
(ähnlich wie z.B. die Baustellen-Termine) auf der Website der Stadt Wien öffentlich
angekündigt werden - und somit auch für AnrainerInnen einsehbar sein. SPÖ und
FPÖ lehnten dies leider am 26. Juni 2007 im Wiener Gemeinderat ab.
Es müsste auch gewährleistet sein, dass AnrainerInnen (die dies wollen) unabhängige
Alternativgutachten über Zustand bzw. Erhaltungs-Möglichkeit des Baumes in Auftrag
geben, da bekanntlich auch Magistrate nicht "unfehlbar" sind. In solchen Fällen
müsste es (außer bei echter "Gefahr im Verzug") eine aufschiebende Wirkung geben.
Schließlich wäre zu überlegen, ob nicht auch der Strafrahmen bei illegalen Fällungen
erhöht werden sollte, da dieser für große Bauträger kein echtes Hindernis darstellt.
Das "legale Freikaufen" (also Fällen eines gesunden Baumes, wenn Ersatzpflanzungen
durchgeführt oder finanziert werden) besteht als Problem nach wie vor. Auch
sollten AnrainerInnen bei der Festlegung der Ersatzpflanzungen mitsprechen können
und die erfolgten Ersatzpflanzungen sollten ebenfalls im Internet dokumentiert
und damit nachvollziehbar sein.
Nur selten gelingt es, unnötige Baumfällungen tatsächlich zu verhindern. Im
Invalidenhauspark hat dies eine Bürgerinitiative mit großem Engagement geschafft.
Eine andere Bürgerinitiative, die bereits über 300 Unterschriften gesammelt
hat, wehrt sich gegen Bauprojekte in der Fleschgasse (Unter St. Veit). Im Bereich
der Hausnummern 4 bis 10 wurden im Jahr 1997 Bauhöhenbeschränkungen nach der
öffentlichen Auflage eines neuen Plandokuments (Nr. 6869) wieder gestrichen,
weil der Bezirksbauausschuss (in dem die Grünen damals noch nicht vertreten
waren) dies - ohne Begründung! - verlangt hatte.
Anfang Juni wurde sogar Anzeige erstattet, da der Verdacht besteht, dass Bäume
durch Manipulationen beschädigt worden sein könnten. Auch bei zahlreichen anderen
Bauprojekten (aktuell z.B. im Bereich Seuttergasse 42-44) kommt es zu Protesten
von AnrainerInnen.
Bezirksvertretung Hietzing: "Beton" statt Baum
Mehr Transparenz wäre also gefragt. Doch die Bezirksvertretung Hietzing sieht
das leider anders: Unser Antrag
auf bessere Information bei bevorstehenden Baumfällungen (per Internet und per
Einbeziehung des Umweltausschusses) wurde bei der Sitzung am 20. Juni 2007 von
ÖVP, SPÖ und FPÖ niedergestimmt!
Und zum "Drüberstreuen" lehnten die selben Parteien auch einen Grün-Antrag
ab, der sich gegen Bauhöhenüberschreitungen (nach §69 Bauordnung) und unnötige
Baumfällungen auf der Liegenschaft Fleschgasse 4-6 aussprach.
Politischer "Beton" hat sich einmal mehr gegen Bäume durchgesetzt...
Anfrage 2005
Anfrage 2006
Anfrage 2007
Früherer Beitrag: Heißes Eisen Baumschutz (2004)
Seite geändert am 16 Oktober, 2007 / Home
/ Kontakt: hietzing@gruene.at,
Tel. 4000 / 81 832